Der digitale Euro: Zwischen Zentralisierung und Blockchain – Die technologische Gratwanderung der EZB

Ein Euro, der schneller, flexibler und intelligenter ist als alles, was wir bisher kannten. Genau dieses Ziel verfolgt die Europäische Zentralbank (EZB) mit dem digitalen Euro – einem Projekt, das weit mehr ist als ein bloßer Digitalisierungsschritt. Es ist ein technologisches und politisches Mammutunternehmen, das die Zukunft des Geldes in Europa neu definieren könnte. Doch im Herzen dieser Vision steht eine entscheidende Frage: Auf welcher technologischen Grundlage wird dieser digitale Euro stehen? Welche Blockchain- oder Distributed-Ledger-Technologie (DLT) ist in der Lage, Millionen Transaktionen sicher, skalierbar und regulierbar abzuwickeln? Die EZB hält sich bedeckt, doch aus Pilotprojekten, Analysen und Spekulationen zeichnet sich ein faszinierendes Bild ab – eines, das zwischen Innovation, Kontrolle und Vertrauen balanciert.

Die EZB wird kaum eine öffentliche, unkontrollierte Blockchain wie die von Bitcoin wählen. Stattdessen scheint eine sogenannte „Permissioned Blockchain“ oder eine hybride Lösung favorisiert zu werden, die dezentrale Vorteile mit zentraler Kontrolle vereint. Mehrere Plattformen stehen im Fokus, jede mit ihren eigenen Stärken und Schwächen, die sie für die anspruchsvolle Aufgabe eines digitalen Zentralbankgeldes (CBDC) qualifizieren oder herausfordern.


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Ethereum, die wohl bekannteste Blockchain, hat mit ihrer robusten Entwicklergemeinschaft und ihrer Fähigkeit, komplexe Smart Contracts auszuführen, Standards gesetzt. Nach dem Übergang zu Proof-of-Stake ist sie energieeffizienter geworden, doch ihre öffentliche Natur wirft Fragen auf. Eine Zentralbank benötigt Kontrolle und regulatorische Eingriffsmöglichkeiten, was mit Ethereums offener Struktur nur schwer vereinbar ist. Eine abgeschottete Variante, ein sogenannter „Permissioned Fork“, könnte diese Hürde überwinden, doch selbst dann bleibt die Komplexität der Plattform ein Nachteil. Für die EZB könnte Ethereum zwar technologisch beeindruckend sein, aber politisch ein riskanter Kandidat.

Hyperledger Fabric hingegen scheint wie maßgeschneidert für die Bedürfnisse einer Zentralbank. Diese von der Linux Foundation unterstützte Plattform wurde für Unternehmen entwickelt und bietet modulare Architektur, hohe Skalierbarkeit und präzise Kontrolle über Datenzugriffe. Sie ermöglicht es, genau zu definieren, wer welche Informationen sieht und welche Aktionen ausführt – ein entscheidender Vorteil für eine CBDC, die sowohl Datenschutz als auch regulatorische Nachvollziehbarkeit gewährleisten muss. Allerdings fehlt Hyperledger die öffentliche Bekanntheit und das breite Entwickler-Ökosystem von Ethereum, was die langfristige Weiterentwicklung einschränken könnte.

Corda von R3 ist ein weiterer starker Anwärter, speziell für den Finanzsektor konzipiert. Ihre Stärke liegt in der selektiven Transparenz: Nur die direkt beteiligten Parteien einer Transaktion haben Einblick in deren Details, was sowohl den Datenschutz der Bürger als auch die Anforderungen der Behörden erfüllen könnte. Corda ist zudem darauf ausgelegt, nahtlos mit bestehenden Finanzsystemen zu interagieren, was für die Integration in Europas komplexe Zahlungsinfrastruktur ein großer Pluspunkt ist. Doch auch hier gibt es Schwächen: Corda ist weniger flexibel als andere Plattformen und könnte in einem dynamischen, zukunftsorientierten Ökosystem an seine Grenzen stoßen.


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Stellar bringt eine andere Perspektive ins Spiel. Diese Plattform hat sich auf schnelle, kostengünstige grenzüberschreitende Zahlungen spezialisiert, was sie für einen digitalen Euro mit internationalem Anspruch attraktiv macht. Ihre hohe Transaktionsgeschwindigkeit und Energieeffizienz sind überzeugend, doch Stellar ist primär auf Retail-Anwendungen ausgelegt. Eine Anpassung an die komplexen Anforderungen einer CBDC wäre notwendig, und es bleibt unklar, ob Stellar die regulatorischen und sicherheitstechnischen Hürden einer Zentralbank überwindet. Dennoch könnte eine maßgeschneiderte Version von Stellar eine Brücke zwischen globaler Reichweite und europäischer Kontrolle schlagen.

Ripple und sein XRP Ledger werden in der Krypto-Community heiß diskutiert. Die Plattform punktet mit beeindruckender Geschwindigkeit – bis zu 1.500 Transaktionen pro Sekunde, mit Zweit-Layer-Lösungen potenziell bis zu 65.000 – und niedrigen Energiekosten. Ripples Fokus auf grenzüberschreitende Zahlungen und Partnerschaften mit Finanzinstituten, einschließlich europäischer Banken, machen es zu einem vielversprechenden Kandidaten. Spekulationen werden durch Ripples Engagement in der Digital Euro Association und Projekte wie SIAchain angeheizt. Doch Ripples teilweise zentralisierte Struktur und die Abhängigkeit von einer „Unique Node List“ könnten für die EZB problematisch sein, da sie vollständige Kontrolle verlangt. Zudem bleibt die Frage, ob Ripple die Datenschutzanforderungen für europäische Bürger erfüllen kann.

Aufstrebende Protokolle wie Avalanche oder Polygon bieten innovative Alternativen. Avalanche besticht durch seine Fähigkeit, private Subnetzwerke mit hoher Skalierbarkeit und niedrigen Latenzzeiten zu betreiben, was perfekt für eine kontrollierte CBDC-Umgebung wäre. Polygon wiederum könnte als Layer-2-Lösung für Ethereum dienen, um Skalierbarkeit zu erhöhen, während es von Ethereums Infrastruktur profitiert. Beide Plattformen sind jedoch relativ neu und haben weniger Erfahrung im regulatorischen Umfeld, was für die EZB ein Risiko darstellen könnte. Ihre Flexibilität und technische Raffinesse machen sie dennoch zu Kandidaten, die nicht unterschätzt werden sollten.

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Eine radikale Alternative wäre die Entwicklung einer eigenen DLT durch die EZB. Eine maßgeschneiderte Infrastruktur, optimiert für europäische Anforderungen, könnte perfekt in bestehende Systeme integriert werden und maximale Kontrolle bieten. Sie wäre frei von Altlasten und könnte von Grund auf auf Sicherheit, Skalierbarkeit und Datenschutz ausgelegt sein. Doch dieser Weg ist kein Spaziergang. Die Entwicklung einer solchen Plattform würde Jahre in Anspruch nehmen – Schätzungen zufolge mindestens drei bis fünf Jahre für Design, Programmierung, Tests und Implementierung. Dies umfasst die Erstellung der Kernarchitektur in Sprachen wie Java, Go oder C++, die Entwicklung von Smart Contracts, Konsensmechanismen und kryptografischen Protokollen sowie umfangreiche Sicherheitsprüfungen. Hinzu kommen die Kosten: Hunderte Millionen Euro, abhängig von der Komplexität und den beteiligten Partnern. Die EZB müsste zudem ein Entwickler-Ökosystem aufbauen, um die Plattform langfristig zu unterstützen, was Zeit und Ressourcen bindet. Das Risiko, dass ein solches Projekt an technischen oder politischen Hürden scheitert, ist nicht trivial.

Die Entscheidung wird letztlich von mehreren Faktoren abhängen. Skalierbarkeit ist entscheidend, da der digitale Euro Millionen Transaktionen pro Sekunde verarbeiten muss, um mit Systemen wie Visa oder Mastercard konkurrieren zu können. Sicherheit ist nicht verhandelbar – ein einziger erfolgreicher Angriff könnte das Vertrauen in die Währung zerstören. Datenschutz ist ein Balanceakt: Bürger erwarten Anonymität, ähnlich wie bei Bargeld, während Behörden Transaktionen zur Bekämpfung von Geldwäsche nachvollziehen müssen. Regulierbarkeit und Kontrolle sind für die EZB unverzichtbar, da sie die Geldpolitik steuern und Stabilität gewährleisten muss. Schließlich spielt die Interoperabilität eine Rolle – der digitale Euro muss mit bestehenden Zahlungssystemen und potenziell anderen CBDCs harmonieren.

Die Wahl der Technologie ist mehr als eine technische Entscheidung. Sie ist ein Statement darüber, wie Europa seine digitale Zukunft sieht. Wird es eine Plattform wie Hyperledger oder Corda wählen, die Kontrolle und Regulierung priorisiert? Oder wird es einen innovativen Weg einschlagen, vielleicht mit einer angepassten Version von Stellar oder Avalanche, um global wettbewerbsfähig zu bleiben? Oder setzt die EZB auf eine eigene Infrastruktur, um maximale Souveränität zu sichern? Jede Option hat ihre Reize und Risiken, und die Spekulationen – etwa um Ripple – zeigen, wie groß das Interesse an dieser Entscheidung ist.

Eines ist klar: Der digitale Euro wird nicht nur eine Währung sein. Er wird ein Spiegelbild dessen, wie Europa Innovation, Vertrauen und Kontrolle in einer digitalen Welt vereint. Während die EZB ihre Karten noch dicht am Körper hält, bleibt die Spannung groß. Die Blockchain-Seele des digitalen Euro ist noch nicht gefunden – doch die Suche danach ist ein faszinierendes Rennen, das die Finanzwelt für immer verändern könnte.

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